Ich möchte einmal kommentieren, was für ein Schauspiel wir heute bei der Wahl der Richterinnen am Bundesverfassungsgericht erlebt haben.

Ich sage bewusst „Schauspiel“, denn das Ganze folgte aus meiner Sicht einem genau vordefinierten Skript.

Zuerst kamen die politischen Vorwürfe ("zu liberale Haltung zu Abtreibungen"), nach denen die Richterin Brosius-Gersdorf besonders weit links stehen würde. Das ist kompletter Blödsinn. Alle derartigen Aussagen von ihr sind in dieser Form schon hunderte Male von Richtern geäußert worden. Da ist keinerlei Substanz dran.

Diese Vorwürfe waren dennoch wichtig, denn sie bereiteten die Bühne für die zweite Phase: die Plagiatsvorwürfe.

Wenn Brosius-Gersdorf tatsächlich abgeschrieben hätte, müsste man sie schleunigst für den Nobelpreis für Physik nominieren: für die Erfindung der Zeitreise. Denn die bemängelten Zitate erschienen erst zwei Jahre nach ihrer Arbeit. Zudem machen sie gerade einmal 0,2 % des Textes aus.

Das Ganze war zeitlich so getimet, dass es zusammen mit den vorherigen Vorwürfen die Wahl „scheitern“ lassen sollte. Das gewünschte Resultat war:

  • Variante 1: Die SPD knickt ein und wird öffentlich gedemütigt.
  • Variante 2: Die SPD lässt die Koalition platzen, und der rechts(extreme) Flügel der CDU präsentiert eine Koalition mit der AfD als letzte „staatstragende“ Option.

Variante 2, das müssen wir uns klar machen, ist das eigentlich gewünschte Ergebnis. Das lässt sich auch daran erkennen, wenn man sich die Ursprünge der Kampagne und die handelnden Akteure anschaut. Zuerst wurde eine Kampagne der AfD von Teilen der CDU aufgegriffen. Dann wurden Stunden vor der Abstimmung die Plagiatsvorwürfe veröffentlicht.

Die Vorwürfe stammen von jemandem, bei dem (zumindest nach meinem Eindruck) der Zeitpunkt der Veröffentlichung bei nicht-rechtsstehenden Personen sorgfältiger gewählt war als der inhaltliche Gehalt der Vorwürfe.

Dieses Doppelpaß-Spiel ist kein Zufall.

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